Beethoven-Haus
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Inspiration Musik
10.03.2025 - 21.07.2025
Ausstellung
Beschreibung
Beethovens Werke haben Maler, Graphiker und plastisch arbeitende Künstlerinnen und Künstler bereits im 19. Jahrhundert immer wieder zu eigenen Arbeiten inspiriert. Aber erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewann seine Musik für die Künstler der europäischen Avantgarde an Bedeutung. Bis dahin waren die in Deutschland und Österreich entstandenen Arbeiten meist noch ganz von der Tradition der figürlich-allegorischen Darstellung geprägt. Die aktuelle Sonderausstellung im Beethoven-Haus zeigt anhand einer Auswahl bedeutender Arbeiten die Vielfalt der verschiedenen Ideen und Ansätze, mit denen man sich Beethovens Musik im 20. und 21. Jahrhundert annäherte und sich darum bemühte, sie für den Betrachtenden quasi sichtbar werden zu lassen.In der Jahrhundertmitte war die Kunst von einer übersteigerten Verehrung Beethovens und der daraus resultierenden Gegenreaktion geprägt, die sich von den Werken der großen „Kultur-Ikone“ distanzierte. „Erst seit den 1970er Jahren ist wieder eine zunehmende Bereitschaft zur Beschäftigung mit Beethovens Kompositionen zu verzeichnen. Von da an wurden zahlreiche, sehr unterschiedliche und reizvolle Ansätze entwickelt – von der Gestaltung figürlicher Darstellungen bis hin zu rein abstrakten Farbkompositionen“, erläutert die Kunsthistorikerin Silke Bettermann, die die Ausstellung kuratiert hat. Es entstanden Bildwerke, die sich in ganz individueller Art mit der Musik des Bonner Komponisten auseinandersetzen, wie etwa die optischen Partituren von Günther Uecker (*1930), die verschiedenen Collagen und Graphiken von Arman (1928-2005), oder die Lithographien von Jörg Immendorff (1945-2007), die sich zum Teil bewusst einer allgemein zugänglichen Interpretation verschließen.
Auch die Übertragung eines Hörerlebnisses ins Bild, die bereits im 19. Jahrhundert populär war, wurde wieder aufgegriffen und in sehr persönlicher Art gestaltet. Dies lässt etwa eine Fotoarbeit von Rebecca Horn (1944-2024) erkennen, die durch die Aufführung von Beethovens Violinkonzert op. 61 in New York inspiriert wurde. Sie verbindet einen nächtlichen Schnappschuss mit einem Selbstporträt und verschiedenen in einem zweiten Arbeitsschritt hinzugefügten gestischen Farbspuren. So verweist das Bild auf eine durch die Musik veränderte Wahrnehmung und spiegelt das subjektive Erleben beim Hören der Musik.
Solche Arbeiten sind für ein breiteres Publikum oft schwer verständlich. Anders verhält es sich dagegen mit farbintensiven abstrakten Farbkompositionen, wie sie Norman Sigbert (1892-1980), Christel Bak-Stalter (*1937) oder Peter Fischerbauer (*1966) spontan unter dem Eindruck der Musik Beethovens schufen. „Solche sehr emotional wirkenden Arbeiten werden allgemein als adäquate bildliche Ausdrucksform für Musikerlebnisse akzeptiert und geschätzt“, so Silke Bettermann. Bis in die Gegenwart hinein ist dies denn auch der Weg geblieben, den bildende Künstler am ehesten beschreiten, wenn sie klassische Kompositionen im Bild fassen wollen.
In den letzten Jahrzehnten wurden daneben völlig neuartige Versuche einer konkreten Auseinandersetzung mit dem musikalischen Material einzelner Kompositionen Beethovens unternommen. So übertrug etwa Baldwin Zettl (*1943) den Text des von Beethoven vertonten „Flohliedes“ aus Goethes Drama „Faust“ ganz direkt ins Bild, indem er drei bizarr anmutende Gestalten zeigt – den im Lied erwähnten Floh mit einem Gefolgsmann und seinem König an der Spitze – , die eine Klaviertastatur entlang marschieren. Auf dem Notenpult über den Figuren sind die letzten Takte der Vertonung zu sehen.
Einen geradezu mathematischen Ansatz verfolgt Benjamin Samuel (*1981). Er überträgt die Diabelli-Variationen mittels einer Computer-Software in eine abstrakte Lichtinstallation. Dabei ordnet er jedem Ton des Klavierstücks eine Farbe zu, gleichzeitig erklingende Töne erscheinen in der sich daraus ergebenden Farbmischung. So entwickeln sich Farbreihen, die die Komplexität der Komposition visuell erkennen lassen. Jorinde Voigt (*1977) dagegen legt in ihren Graphiken zu Beethovens 32 Klaviersonaten das Schwergewicht auf die bildliche Übersetzung des emotionalen Spektrums der Musik. Ausgehend von den Vortragsbezeichnungen, die der Notentext der einzelnen Stücke enthält, gestaltet sie beim Hören der Musik intuitiv eine Grundstruktur für lebendige, geradezu dreidimensional wirkende Linienwirbel, die die emotionale Kraft der einzelnen Kompositionen Beethovens zum Ausdruck bringen.
Ein letzter Aspekt, der von bildenden Künstlern bei der Beschäftigung mit Ludwig van Beethoven gern thematisiert wird, ist die Beziehung zwischen dem musikalischen Werk und der Person des Komponisten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden hier als erstes von Thomas Bayrle (*1937) neue Wege beschritten: Er überlagerte ein historisches Porträt Beethovens und das Notenbild der sogenannten „Mondschein–Sonate“ op. 27 Nr. 2, um so die Verbindung von Künstlerpersönlichkeit und Musik spontan erkennbar zu machen. Wie alle diese Beispiele erkennen lassen, stellen die Kompositionen Ludwig van Beethovens bis heute eine wichtige und lebendige Inspirationsquelle für die bildende Kunst dar.