Zentrum für verfolgte Künste
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Solinger Künstler in der Kunstregion Rheinland 1933-1945. Moorsoldaten? Eine Spurensuche
14.11.2024 - 09.02.2025
Ausstellung
Beschreibung
Im Jahr 2024 feiert Solingen das 650. Jubiläum seiner Stadtgründung. Aus diesem Anlass widmet sich das Museum Zentrum für verfolgte Künste der Kunstszene in Solingen zwischen 1933 und 1945. Die Ausstellung „Solinger Künstler in der Kunstregion Rheinland 1933-1945“ und der begleitende Katalog entstehen in Kooperation mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, beraten von Prof. Dr. Christian Fuhrmeister vom Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München.In Solingen, einer Hochburg der Arbeiterbewegung, wurden schon kurz nach dem Reichstagsbrand Sozialdemokraten und Kommunisten verhaftet und ab Juni 1933 in die Konzentrationslager im Emsland deportiert. Am 27. August 1933 kam es im Lager Esterwegen zur Uraufführung des Liedes „Die Moorsoldaten“, das unter Beteiligung von Sängern aus den zerschlagenen Solinger Arbeiterchören vorgetragen wurde. Es avancierte rasch zur internationalen Hymne der Solidarität und des Widerstands gegen das NS-Regime.
Der Solinger Künstler Ernst Walsken wurde 1935 aufgrund seiner politischen Überzeugungen verhaftet und 1937 in das Straflager Esterwegen gebracht. Als ehemaliger Student der Kunstakademie Düsseldorf dokumentierte er dort die grausamen Lebensbedingungen und täglichen Demütigungen in einer Reihe eindrucksvoller kleiner Zeichnungen. Die Ausstellung widmet sich der Frage, wie sich die Solinger Künstler:innen gegenüber dem NS-Regime verhielten: Leisteten sie, ähnlich wie einige der „Moorsoldaten“, Widerstand oder blieben sie passiv? Welche Strategien entwickelten sie, um in dieser Zeit zu überleben? Standen sie in Opposition zur Diktatur oder wurden sie zu Mitläufern?
Vor der dunklen Epoche der NS-Zeit war Solingen eine Stadt mit einer lebhaften Kunstszene, die sich am Rheinland orientierte. Ein Vergleich mit den dortigen Kunstmetropolen ist gewagt, jedoch entwickelte sich in Solingen und Umgebung während der Weimarer Republik eine vielfältige Szene, die weit über das Provinzielle hinausging. Die geografische Nähe zu den Ausbildungsstätten für bildende Kunst in Düsseldorf und Köln spielte dabei selbstverständlich eine große Rolle. Aber auch innerstädtische Entwicklungen wie die der „Fachschule der Solinger Stahlwaren-Industrie“ hatten einen positiven Effekt auf die Kunstszene.
Zur Verbesserung des Designs der Solinger Stahlwaren wollte die Industrie schon Anfang des 19. Jahrhunderts eine Fachschule für Gestaltung gründen. Realisiert wurden in den 1830er- und 1840er-Jahren zwei private Zeichenschulen. Angestoßen durch die Pariser Weltausstellung 1900 initiierte der Solinger Oberbürgermeister August Dicke eine Kommission, die 1904 zur Eröffnung der „Fachschule der Solinger Stahlwaren-Industrie“ führte. Die Lehrer und Schüler dieser Schule bereicherten die Solinger Kunstlandschaft. 1919 gründete sich der Künstlerbund Solingen und es gab regelmäßige Frühjahrs- und Winterausstellungen. Verschiedene politisch ausgerichtete Tageszeitungen berichteten umfassend über diese Veranstaltungen und boten den Künstlern sogar Plattformen, um ihre Sichtweisen zur Kunstentwicklung zu veröffentlichen.
Über 100 Kunstwerke aus der Sammlung von Heinz-Willi Müller und Solinger Privatbesitz dokumentieren – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit – die Solinger Kunstszene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Historische Zeitungsartikel aus den Jahren 1933 bis 1945 begleiten die ausgestellten Kunstwerke und beleuchten nicht nur das damalige Kunstgeschehen, sondern gewähren auch tiefere Einblicke in das kulturelle und politische Klima des NS-Regimes.
Kunst war und ist ein sensibler Indikator für den Zustand einer Gesellschaft. Gerade in Zeiten extremer politischer Umbrüche spiegelt sie die Verfasstheit einer Nation wider. Indem sie sowohl subtile als auch offene Zeichen von Repression und Anpassung, Widerstand und kreativer Freiheit zeigt, offenbart sie die tieferen Strömungen ihrer Zeit. Katalog und Ausstellung reflektieren daher neben den historischen Ereignissen auch die Rolle der Kunst als Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse.